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Ronkelly - Tour 2005
www.roncalli.de

Würzburg, 10. November 2005: Man kann über Bernhard Paul ja sagen, was man will – insbesondere seine Aussagen gegen den Tiercircus sind zu kritisieren –, aber: der Roncalli-Chef versteht es immer wieder Circus so zu präsentieren, dass er der breiten Masse genauso wie dem Circusinsider gefällt. Neustes Beispiel „Who’ll come with me“, die Gemeinschaftsproduktion mit der Kelly Family, die in Würzburg Deutschland Premiere feierte. Das passt und rockt! Freddy Nock und sein Partner Mika riskieren auf dem in wahnwitzigem Tempo rotierenden Todesrad Kopf und Kragen und die Kelly Family singt dazu „All you need is a guardian angel“.

Und wirklich, betrachtet man die waghalsigen Sprünge in und auf dem „überdimensionalen Hamsterrad“ ist man geneigt den Schweizer Hasardeuren gleich eine ganze Heerschar Schutzengel zu wünschen. Eindeutig, diese Nummer hat Klasse und dank der rockigen Musikbegleitung der Kelly Family einen ganzen besonderen Drive. Selbst eingefleischte „Kelly-Hasser“ müssen spätestens hier eingestehen, die Gemeinschaftsproduktion von Bernhard Pauls Circus Roncalli und der singenden Großfamilie ist ein mitreißendes Spektakel voller gutklassiger Artistik, umwerfender Komik und natürlich ganz viel Musik. Erfreulicherweise spielen sich die Kellys dabei fast nie – mal abgesehen von einem sinnlosen Schlagzeug-Solo – in den Vordergrund, sondern stellen ihre Musik ganz in den Dienst der gezeigten Artistik. Oleg Kualevs ohnehin schon spektakulärer Auftritt an der Vertikalkette etwa gewinnt durch die passende Musikbegleitung noch einmal an Dramatik. Und ohne die gefühlvolle Begleitung der Kelly Family, die durch eine Handvoll Profi-Musiker unterstützt wird, wäre der erotische Auftritt von „Amazonia“ in einem Wasserbassin sicher nicht mal halb so wirkungsvoll. Allein Andrej Jigalov verzichtet auf ein Zusammenspiel mit den Musikern. Was, wenn man ehrlich ist, aber nicht weiter stört, schafft es der urkomische russische Clown doch allein durch seine Mimik und Gestik das Zelt zum Brüllen zu bringen.


Maite Kelly, Hard Nocks, Amazonia

Besonderen Reiz gewinnt die Show durch die Einbindung der Kelly Family in die Manegenkunst. Joey Kelley etwa dreht nicht nur eine Runde im Todesrad, sondern zelebriert später mit zwei Vollblutartisten sogar eine leistungsstarke Adagio Performance. Komisches Talent beweist dagegen Maite Kelly. Im Zusammenspiel mit dem Clownstrio „Luftman“ gewinnt sie als dummer August der alten Clownsgeschichte „Lass uns Bonbons zaubern“ ganz neue Seiten ab und gewinnt dank ihrer sympathischen Art sämtliche Publikumsherzen. Wie überhaupt das Würzburger Premierenpublikum die Show von Anfang bis Ende frenetisch feiert. Stehende Ovationen zum Finale sind da nur die logische Folge. Die Antwort auf die Frage „Who’ll come with me?“, mit der die Show überschrieben ist, kann da nur lauten: Jeder der eine kunstvolle Melange aus Artistik und Musik zu schätzen weiß.

Ohne Frage: Die gemeinsam Show von Roncalli und Kelly Family ist sehenswert, denn wie immer bei Roncalli Produktion stimmt die Inszenierung und das Gebotene. Und die Kellys, das für alle Kelly-Allergiker, sind zu keiner Minute peinlich. Die etwas überzogenen Eintrittspreise dürften dann aber doch den einen oder anderen abschrecken.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch